Zum Vortrag
Die Schweiz verlor in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in massgebenden Bereichen den Anschluss an die Entwicklung der modernen Staaten. Trotz ihrer bereits weltbekannten Uhren- und Textilfabrikation war sie ländlich-agrarisch geprägt. In gewissen Landesteilen herrschte bittere Armut. Das Hauptübel lag in der politischen Struktur des Staatenbundes. Dazu fehlten an allen Ecken und Enden die Grundlagen eines modernen Wirtschaftsstaats. Doch dann wurde 1847/48 eine liberale Revolution erfolgreich über die Bühne gebracht. Nun stürmte die Eidgenossenschaft nach vorn. Doch mit der Bundesverfassung von 1848, so genial sie auch war, war die neue Schweiz mitnichten entstanden. Es brauchte Köpfe und Hände, die den Neubau Schweiz in Angriff nahmen. Beflügelt vom Spirit of 48 stiessen wagemutige Pioniere und risikofreudige Unternehmer in horrendem Tempo Prozesse an und initiierten Projekte, die bis heute für das Land erfolgsentscheidend sind. Das Schlüsselwort war die rasante Erschliessung mit dem Bahnverkehr dank privater Gesellschaften. Innerhalb weniger Jahre war das Land nicht wiederzuerkennen. 1923 suchte Liechtenstein den wirtschaftlichen Anschluss an die Schweiz. Mit dem Zollvertrag wurde das Fürstentum Teil des schweizerischen Zollgebiets. Gibt es Parallelen zwischen den beiden Ländern, wo sind die Unterschiede?
Referent
Der renommierte Schweizer Historiker und Publizist Prof. Dr. Joseph Jung ist Titularprofessor der Universität Freiburg und Gastprofessor an Universitäten und Hochschulen. Von ihm stammen grundlegende Bücher zur Wirtschafts- und Kulturgeschichte der Schweiz. Sein aktuelles Standardwerk: «Das Laboratorium des Fortschritts. Die Schweiz im 19. Jahrhundert», NZZ Libro, 2. Auflage 2020.