Anmeldung erforderlich
Die Platzzahl ist beschränkt. Wir bitten um Anmeldung bis 27.9.2020 an .
Referent/Referentin
Dr. Andreas Brunhart, Ökonom, Forschungsleiter Wirtschaft am Liechtenstein-Institut
Prof. Dr. Patricia Schiess, Juristin, Titularprofessorin an der Universität Zürich und Forschungsleiterin Recht am Liechtenstein-Institut
Zum Vortrag
Am dritten Abend der interdisziplinären Vortragsreihe geht es um die volkswirtschaftliche Entwicklung Liechtensteins nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Neben einem Überblick über den volkswirtschaftlichen Nachkriegsboom werden auch die konjunkturpolitischen Massnahmen der Schweiz in den 1960er- und frühen 1970er-Jahre betrachtet, von welchen Liechtenstein ebenfalls betroffen war.
Aus rechtlicher Sicht werden die wirtschaftspolitischen Massnahmen der Kriegszeit und der Jahre unmittelbar danach mit den später getroffenen Interventionen als Reaktion auf die Überhitzungserscheinungen der Hochkonjunktur betrachtet. Darauf aufbauend wird untersucht, wer dabei das Heft in die Hand nimmt. Ist es die Regierung oder der Landtag? Andererseits wird das Verhältnis zwischen Liechtenstein und der Schweiz näher analysiert. Beispielsweise, wie weit dass Liechtenstein Normen von der Schweiz übernimmt und wo bewusst andere Akzente gesetzt werden.
Zur Vortragsreihe
Am 8. Mai 1945 erfolgte die bedingungslose Kapitulation Deutschlands. Damit endete der unmittelbare Schrecken des Zweiten Weltkrieges in Europa. Die menschlichen und moralischen Tragödien sowie die politischen und wirtschaftlichen Lasten des Krieges beschäftigten die kriegsbetroffenen Menschen und Länder jedoch weit über das Kriegsende hinaus. Die Vorlesungsreihe des Liechtenstein-Instituts nimmt sowohl die Situation bei Kriegsende 1945 als auch die Verhältnisse und Entwicklungen in den ersten Nachkriegsjahren in den Blick: Markierte «1945» den Beginn einer neuen Ära?
Der erste Teil der Vortragsreihe thematisiert die Herausforderungen bei Kriegsende. Liechtenstein hatte unter anderem die Grenzsicherung und den Flüchtlingsandrang zu bewältigen, den Übertritt der 1. Russischen Nationalarmee und die Überführung der fürstlichen Kunstsammlung, das Ende der Rationierung und die innere «Befriedung». In Deutschland hatten die Probleme eine ganz andere Dimension: Niederlage und alliierte Besetzung, Flucht und Vertreibung, Besatzungsherrschaft und Hunger, Entnazifizierung, Konfrontation mit Kriegsverbrechen und Holocaust. Millionen ehemaliger Konzentrationslagerhäftlinge, Kriegsgefangener oder Zwangsarbeiter waren im ehemaligen Reichsgebiet gestrandet.
Der zweite, interdisziplinäre Teil der Vortragsreihe widmet sich der Frage, inwiefern die Jahre nach 1945 in Liechtenstein eine Zeit des beschleunigten politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandels darstellten. Eingegangen wird u.a. auf die innenpolitischen Auseinandersetzungen und die ersten Bemühungen um eine aussenpolitische Öffnung, auf die Schichtung der liechtensteinischen Gesellschaft im Übergang von der Agrar- zur Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft, auf die volkswirtschaftliche Entwicklung zwischen Mangelwirtschaft und Überhitzungserscheinungen sowie auf die rechtliche Kompetenzverteilung zwischen Regierung und Landtag bei den wirtschaftlichen Weichenstellungen und auf die diesbezügliche Abhängigkeit von der Schweiz.
Wirtschaftsboom mit Dellen, Liechtensteiner Volksblatt, 30. September 2020