Liechtenstein bei Kriegsende 1945 vor 75 Jahren [Vortrag ausgebucht!]

Vortragsreihe:
Kriegsende und Nachkriegszeit – Konturen einer neuen Ära
Datum:
1. September 2020, 18:30 - 20:00
Ort:
Mehrzwecksaal des Vereinshauses
Haldenstrasse 86
LI 9487 Gamprin
Lageplan

Anmeldung erforderlich
Die Platzzahl ist beschränkt. Wir bitten um Anmeldung bis 28.8.2020 an info(at)liechtenstein-institut.li

 

Referent
Peter Geiger, Schaan, war Forscher am Liechtenstein-Institut, Dozent Pädagogische Hochschule St. Gallen und Universität Fribourg. Publikationen u. a.: „Kriegszeit, Liechtenstein 1939 bis 1945“ (2010); „Krisenzeit, Liechtenstein in den Dreissigerjahren 1928–1939“ (2. Aufl. 2000); „Russen in Liechtenstein, Flucht und Internierung der Wehrmacht-Armee Holmstons 1945–1948“ (mit M. Schlapp, 1995); „Fragen zu Liechtenstein in der NS-Zeit und im Zweiten Weltkrieg“ (mit A. Brunhart et al., Schlussbericht UHK, 2005). „Liechtensteinisch-tschechische Beziehungen in Geschichte und Gegenwart“  (mit T. Knoz et al., Synthesebericht, 2014).

 

Zum Vortrag
Im Zweiten Weltkrieg war Liechtenstein neutral, bedroht, unbesetzt. Kleinheit schützte es, ebenso Integration in die Schweizer Kriegswirtschaft. 1945 rückte das Kampfgeschehen bis an die liechtensteinisch-grossdeutsche Grenze. Der Historiker schildert jene ungewissen Wochen und Tage. Wie war die militärische Lage? Wie wurde die Grenze gesichert? Bestand Einmarschgefahr? Sollte evakuiert werden? Was sprach Regierungschef Hoop geheim mit der französischen Armee ab? Warum fanden Ende April Landtagswahlen statt? Wer wurde am Grenzübergang Schaanwald-Tisis eingelassen? Woher kamen die Holmston-Russen? Wie gelangte die fürstliche Kunstsammlung ins Land? Wie reagierten Bevölkerung und Behörden auf den Frieden? Warum trat die Regierung Hoop-Vogt-Frommelt ab? Gab es eine „Entnazifizierung“? Wann entfielen Lebensmittelmarken und Landdienst? Trafen die für die Nachkriegszeit befürchteten Schwierigkeiten ein? War der Ellhorn-Abtausch unausweichlich?

 

Zur Vortragsreihe
Am 8. Mai 1945 erfolgte die bedingungslose Kapitulation Deutschlands. Damit endete der unmittelbare Schrecken des Zweiten Weltkrieges in Europa. Die menschlichen und moralischen Tragödien sowie die politischen und wirtschaftlichen Lasten des Krieges beschäftigten die kriegsbetroffenen Menschen und Länder jedoch weit über das Kriegsende hinaus. Die Vorlesungsreihe des Liechtenstein-Instituts nimmt sowohl die Situation bei Kriegsende 1945 als auch die Verhältnisse und Entwicklungen in den ersten Nachkriegsjahren in den Blick: Markierte «1945» den Beginn einer neuen Ära?

 

Der erste Teil der Vortragsreihe thematisiert die Herausforderungen bei Kriegsende. Liechtenstein hatte unter anderem die Grenzsicherung und den Flüchtlingsandrang zu bewältigen, den Übertritt der 1. Russischen Nationalarmee und die Überführung der fürstlichen Kunstsammlung, das Ende der Rationierung und die innere «Befriedung». In Deutschland hatten die Probleme eine ganz andere Dimension: Niederlage und alliierte Besetzung, Flucht und Vertreibung, Besatzungsherrschaft und Hunger, Entnazifizierung, Konfrontation mit Kriegsverbrechen und Holocaust. Millionen ehemaliger Konzentrationslagerhäftlinge, Kriegsgefangener oder Zwangsarbeiter waren im ehemaligen Reichsgebiet gestrandet.

 

Der zweite, interdisziplinäre Teil der Vortragsreihe widmet sich der Frage, inwiefern die Jahre nach 1945 in Liechtenstein eine Zeit des beschleunigten politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandels darstellten. Eingegangen wird u.a. auf die innenpolitischen Auseinandersetzungen und die ersten Bemühungen um eine aussenpolitische Öffnung, auf die Schichtung der liechtensteinischen Gesellschaft im Übergang von der Agrar- zur Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft, auf die volkswirtschaftliche Entwicklung zwischen Mangelwirtschaft und Überhitzungserscheinungen sowie auf die rechtliche Kompetenzverteilung zwischen Regierung und Landtag bei den wirtschaftlichen Weichenstellungen und auf die diesbezügliche Abhängigkeit von der Schweiz.