Gleichstellung von Frau und Mann – Seit über vierzig Jahren auf dem Weg, aber noch nicht am Ziel

04.07.2025 - Neue Publikation
1984 gewährten Liechtensteins Männer auch den Frauen das Wahl- und Stimmrecht. Allein damit stellte sich die Gleichstellung der Geschlechter jedoch noch nicht ein. Aber immerhin markierte die Gleichbehandlung im politischen Bereich den Start für eine grosse Ehe- und Familienrechtsreform. Der vor Kurzem in der Liechtensteinischen Juristen-Zeitung LJZ publizierte Beitrag von Patricia Schiess zeigt das Wechselspiel zwischen Gesetzgebung und Rechtsprechung von 1982 bis heute.

Erst nach der 1992 erfolgten Aufnahme des Gleichstellungsartikels in der Verfassung konnte der Staatsgerichtshof Gesetzesbestimmungen, die gegen das Geschlechtergleichheitsgebot verstossen, aufheben. Nach 2000 fällte der StGH jedoch kein Urteil mehr, das er mit einer Verletzung der Bestimmung über die Geschlechtergleichheit begründete. 

Aktivitäten des Gesetzgebers wurden in den letzten Jahren vor allem durch das EWR-Recht (Stichwort Elternzeit) oder durch den Beitritt zur Istanbul-Konvention angestossen. Diese schützt vor geschlechtsspezifischer Gewalt und vor häuslicher Gewalt. Gelegenheit zur Überprüfung von Recht und Praxis bildet auch die UNO-Frauenrechtskonvention CEDAW. Ihre Umsetzung wird durch von der UNO gestellte Expertinnen und Experten überprüft.

Die Untersuchung von Patricia Schiess zeigt überdies auf, wie Liechtenstein im Laufe der Jahre von Revisionen profitieren konnte, die seine Nachbarländer insbesondere im Sozialversicherungsrecht (zur besseren Absicherung von Müttern) und im Ehe-, Erb- und Familienrecht (zur Verwirklichung des Partnerschaftsprinzips) vorgenommen hatten. Nicht übernommen hat Liechtenstein jedoch die heute im Schweizer Gleichstellungsgesetz enthaltenen Vorgaben zur Lohngleichheitsanalyse, obwohl Liechtenstein 1999 das Schweizer Gleichstellungsgesetz freiwillig rezipiert hatte. In einer besonderen Situation befindet sich Liechtenstein insofern, als seine Verfassung die römisch-katholische Kirche zur Landeskirche erklärt. Seit mehreren Jahren diskutiert das Land über die Beseitigung der rechtlichen Ungleichbehandlung der anderen Religionsgemeinschaften. Mit dem Plädoyer, dass dabei der Kampf gegen sexualisierte Gewalt und für die Gleichbehandlung aller Menschen innerhalb der Kirchen und Religionsgemeinschaften thematisiert werden muss, endet der Beitrag von Patricia Schiess.

Der Beitrag ist das Ergebnis der langjährigen Beschäftigung der Forschungsbeauftragten am Liechtenstein-Institut mit dem Thema der Geschlechtergleichheit.