Das erste Rüfegesetz

20.09.2021 - Vor 150 Jahren
Rüfen sind Gebirgsbäche mit starker Erosionstätigkeit. Bei Schneeschmelze oder intensiven Niederschlägen kommt es häufig zu Rüfeabgängen (Murgängen). Dabei werden grosse Wassermassen, Geschiebe und Schlamm mit hoher Energie ins Tal transportiert. Trotz der Zerstörungsgefahr entstanden viele Siedlungen im Bereich der Rüfeschuttkegel. Für die Erstellung massiver Schutzbauten mangelte es lange an den notwendigen Mitteln und technischen Fertigkeiten.

Das erste liechtensteinische «Gesetz für Rüfeschutzbauten» vom 23. September 1871 unterstellte alle Rüfeschutzbauten der Oberaufsicht der Regierung. Die Verbauungspflicht lag bei den betroffenen Gemeinden und den Besitzern bedrohter Grundstücke und Bauobjekte. Bei besonders kostspieligen Bauten konnten Landesbeiträge gewährt werden. Zudem regelte das Gesetz die Pflicht zur Abtretung des für die Schutzbauten benötigten Bodens und Materials sowie die entsprechende Entschädigung. Die aus Holz und einfachen Steinmauern bestehenden Verbauungen boten jedoch nur ungenügenden Schutz.

Ein neues Gesetz regelte 1899 sämtliche Bereiche des Rüfeschutzes. Vor allem verfügte es die Übernahme von 50 Prozent der auflaufenden Kosten durch die Landeskasse. Zu einer erfolgreichen Verbauung der Rüfen kam es jedoch erst nach 1937, als neue Materialen und Techniken zum Einsatz kamen, die Bauausführung in die Zuständigkeit des Staates überging und der Landesbeitrag von 50 Prozent auf 70 Prozent erhöht wurde. Seit 2006 werden die Ausgaben für Rüfeverbauungen zu 100 Prozent vom Staat übernommen. Ab Mitte der 1960er-Jahre stiegen die Ausgaben deutlich an. Dies hing mit der besseren Finanzlage des Staates zusammen, aber auch mit der Verbauungstechnik, die immer anspruchsvoller und teurer wurde. Zwischen 1949 und 2017 beliefen sich die staatlichen Aufwendungen auf 125 Millionen Franken (186 Millionen Franken heutiger Währung).

Der Schrecken, der früher von den Rüfen ausging, hat deutlich abgenommen. Allerdings kann es nach wie vor zu Rüfeabgängen kommen, die Siedlungsgebiete gefährden.

Zur Abbildung: Bauarbeiten bei der Alpila-Krüppel-Rüfe in Schaan, 1937 (LI LA B 133/012/009, Foto: Landesarchiv / Unbekannt).Bauarbeiten bei der Alpila-Krüppel-Rüfe in Schaan, 1937 (LI LA B 133/012/009, Foto: Landesarchiv / Unbekannt).

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Rüfen​​​