Baur, Georges (2024): Die «Zwei-Pfeiler-Struktur)» als Begriff des EWR-Rechts ... und seine Anwendung auf das geplante Abkommen Schweiz–EU. In: Astrid Epiney, Sarah Progin-Theuerkauf, Flaminia Dahinden, Sophie Dukarm (Hrsg.): Schweizerisches Jahrbuch für Europarecht / Annuaire suisse de droit européen 2023/2024, Bern/Zürich 2024, S. 561–579.

Erscheinungsjahr:
2024
Autor(en):

In den seit Kurzem wieder aufgenommenen Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU über ein Abkommen, welches die Schweiz teilweise am Binnenmarkt teilnehmen lassen soll, stehen auch Institutionen zur Debatte. Im Gegensatz zum EWR-Abkommen oder dem neuen, aber noch nicht ratifizierten, Abkommen zwischen der EU und Andorra bzw. San Marino sind aber weder eine Aufsicht noch eine rechtliche Überprüfung auf internationaler Ebene geplant. Die entsprechenden Funktionen sollen lediglich für die jeweilige Partei, also für die EU durch die EU-Kommission bzw. den EuGH und für die Schweiz durch nationale Behörden bzw. das Bundesgericht ausgeübt werden. Dieser Aufbau ohne gegenseitige Bezugnahme wird in der schweizerischen Diskussion und Literatur als «Zwei-Pfeiler-Struktur» oder ähnlich bezeichnet.

Der Beitrag zeigt, dass Konzept und Begriff der Zwei-Pfeiler-Struktur aus dem EWR-Recht stammen und in eine Reihe von Bedingungen eingebettet sind, woraus sich entsprechende rechtliche Konsequenzen ergeben. Wegen der spezifischen Struktur des EWR, insbesondere dass er durch eine Assoziation zweier Organisationen gekennzeichnet ist, aber auch wegen der Ansiedlung der Zwei-Pfeiler-Struktur auf der übernationalen Ebene, lässt sich diese nicht einfach auf das Verhältnis zwischen der EU und anderen (Dritt-)Staaten übertragen.

Ganz bestimmt ist der Begriff jedoch nicht auf das Verhältnis zwischen der EU und der Schweiz bzw. deren Institutionen übertragbar. In der schweizerischen Diskussion wird also eine Analogie hergestellt, die keine ist.