Istanbul-Konvention: Besserer Schutz für Migrantinnen

02.04.2022 - Mitteilung
Was ist unter Partnerschaftsgewalt zu verstehen? Was für Auswirkungen hat sie auf betroffene Frauen, insbesondere auf Frauen, deren Aufenthaltsbewilligung vom gewalttätigen Ehemann abhängt? Mit welchen Massnahmen kann den negativen Auswirkungen auf die betroffenen Frauen gegengesteuert werden? Diese Fragen wurden am 30. März anlässlich der Veranstaltung «Istanbul-Konvention: Besserer Schutz für Migrantinnen» des Liechtenstein-Instituts adressiert.

Partnerschaftsgewalt umschliesst sämtliche körperliche, sexuelle, psychische oder wirtschaftliche Gewalt zwischen früheren oder derzeitigen Partnern, egal, ob diese jemals zusammenwohnten oder nicht. Sie widerspiegelt immer ein Kräfteungleichgewicht und dient zur Aufrechterhaltung von Dominanz und Kontrolle. Wenn Paare gleichberechtigt zusammenleben, ist die Gewaltgefährdung am geringsten.

Das Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt («Istanbul-Konvention»), verpflichtet die Unterzeichnerstaaten deshalb, Partnerschaftsgewalt zu verhindern, zu verfolgen und zu beseitigen und nachhaltigen Schutz für Betroffene zu gewährleisten. Damit soll der Staat einen Beitrag zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau leisten und eine echte Gleichstellung von Frauen und Männern fördern.

Von Gewalt gegen Frauen oder häuslicher Gewalt betroffene Personen, deren Aufenthaltsbewilligung von ihrer Ehe abhängig ist, befinden sich in einer besonders verletzlichen Situation. Diese wurde von Petra Eichele (infra) und Belgin Amann (Frauenhaus) anhand von zwei realen Fallbeispielen illustriert, bevor Jasmin Beck (Uni Münster) auf einige Aspekte genauer einging. Dieser Personengruppe spricht die Istanbul-Konvention besonderen Schutz zu: Ihnen soll ein befristeter, eigenständiger Aufenthaltstitel erteilt werden. Zusammen mit anderen Schutzmassnahmen soll dies das Ende der Gewalt auch für diese Personengruppe ermöglichen. Liechtenstein hat gegenüber Art. 59 der Istanbul-Konvention jedoch einen Vorbehalt angebracht, welcher nach Ablauf von fünf Jahren entweder zurückgenommen oder verlängert werden kann. Grundsätzlich schreibt die Istanbul-Konvention jedoch vor, jeder Person ohne Diskriminierung ein Leben frei von Gewalt zu garantieren. Das Diskriminierungsverbot in der Istanbul-Konvention schliesst den Migrationsstatus ausdrücklich mit ein. Die Referentinnen schlussfolgern deshalb übereinstimmend, dass der Vorbehalt zurückgenommen und die Rechte der Gewaltbetroffenen wie von der Istanbul-Konvention gefordert ohne Diskriminierung in den Mittelpunkt gestellt werden müssen.

Die abschliessende Diskussion widmete sich dem Stand der Umsetzung der Istanbul-Konvention in Liechtenstein, insbesondere der in Art. 10 der Istanbul-Konvention vorgesehenen Koordinierungsstelle, dem Vorbehalt gegenüber Art. 59 der Istanbul-Konvention und dem behördlichen Umgang mit Fällen von Partnerschaftsgewalt gegen Frauen, deren Aufenthaltsbewilligung von ihrem gewalttätigen Ehemann abhängig ist.

Migrantinnen besser vor häuslicher Gewalt schützen. Radio L, 30. März 2022
Angst vor Abschiebung nach Scheidung. Berichterstattung von Julia Strauss, Liechtensteiner Vaterland, 31. März 2022
Gefangen zwischen anhaltendem Missbrauch und Aufenthaltsverlust. Berichterstattung von Sebastian Albrich, Liechtensteiner Volksblatt, 31. März 2022