Eine Orientierung im gegenwärtigen (und künftigen?) Rechtsverhältnis von Staat und Kirche

17.10.2023 - Neue Publikation
Die herrschende Rechtslage im Verhältnis zwischen dem liechtensteinischen Staat und der katholischen Landeskirche ist kompliziert. Das heutige sog. Staatskirchenrecht, das dieses Verhältnis regelt, bildet eine Querschnittsmaterie mit Schwerpunkt in der Verfassung neben internationalen und gesetzlichen Regelungen, die zuweilen in einem Spannungsverhältnis zueinander stehen.

Zudem fallen dabei alle anderen hiesigen Kirchen und Religionsgemeinschaften aus strikt öffentlich-rechtlicher Sicht ausser Betracht, da ihnen zu ihrer Organisierung allein das Privatrecht offensteht. Die verschiedenen Bemühungen um eine vollständige Entflechtung von Staat und Kirche, die mit Errichtung des Erzbistums Vaduz 1997 einsetzten, sind bisher nicht zu ihrem Ziel gelangt und haben die Positionen teilweise verhärtet. Zugleich herrscht jedoch die Ansicht vor, dass eine Öffnung des geltenden Staatskirchenrechts hin zu einem sog. Religionsverfassungsrecht, das für alle Kirchen und Religionsgemeinschaften in den Grundzügen gleichermassen gilt, längst überfällig ist. 

Wenn 2023 mit einem neuen Vernehmlassungsbericht für eine Verfassungsänderung und ein Religionsgemeinschaftengesetz ein weiterer Anlauf genommen wird, steht dieser vor der beschriebenen komplizierten Rechts- und Sachlage. Die Orientierung fällt schwer. Eine Handreichung zur Übersicht bietet nun ein Beitrag von Emanuel Schädler, der soeben in der LJZ erschienen ist: "Vom Staatskirchenrecht zum Religionsverfassungsrecht in Liechtenstein – eine Orientierung". Darin werden die heute geltenden Erlasse und Normen zusammengestellt und gewürdigt; die Gründe für ein modernes liechtensteinisches Religionsverfassungsrecht werden dargelegt; die bisherigen Bemühungen um eine Entflechtung von Staat und Kirche werden nachgezeichnet; und schliesslich werden der neue Ansatz und die Hauptinhalte des Vernehmlassungsberichts von 2023 erklärt.