Artikel zu sektoralen Effekten von Wechselkursschocks auf Güterexporte im Swiss Journal of Economics and Statistics veröffentlicht

04.08.2025 - Neue Publikation
Andreas Brunhart und Martin Geiger konnten im Swiss Journal of Economics and Statistics einen Beitrag publizieren, welcher die Sensitivität der Güterexportentwicklung gegenüber Wechselkursschwankungen und diesbezügliche Branchenunterschiede untersucht. Der Artikel zeigt anhand der Auswirkungen der Aufhebung des SNB-Mindestkursziels gegenüber dem Euro im Januar 2015, dass die Widerstandsfähigkeit der Schweizer Exportwirtschaft gegenüber Wechselkursschocks massgeblich auf die hohe Anpassungsfähigkeit bestimmter Sektoren, insbesondere der Chemie- und Pharmaindustrie, zurückzuführen ist.

Wechselkurse spielen eine zentrale Rolle bei der Übertragung makroökonomischer Schocks und haben direkte Implikationen für relative Preise, internationale Wettbewerbsfähigkeit, Aussenhandelsungleichgewichte und die Wirkungen von Geldpolitik. Zudem sind sie auch wichtige Treiber der konjunkturellen Entwicklung. Vor allem im Frankenwährungsraum Schweiz/Liechtenstein sind diese Zusammenhänge von Relevanz, hat der Schweizer Franken seit 2007 doch eine kontinuierliche und deutliche Aufwertung erfahren, welche für die in beiden Ländern sehr wichtigen Exportindustrie eine starke Herausforderung darstellt. Der im Swiss Journal of Economics und Statistics erschienene Beitrag von Andreas Brunhart und Martin Geiger analysiert unter Verwendung von granularen Monatszolldaten in einem breiten OECD-Staaten-Sample anhand der «Synthetischen Kontrollmethode», wie sich die schweizerischen Güterexporte entwickelt hätten, wenn die Schweizerische Nationalbank das Mindestkursziel im Januar 2015 nicht aufgehoben hätte. Da diese unerwartete und plötzliche Frankenaufwertung von den Wirtschaftsakteuren nicht antizipiert werden konnte, eignet sie sich als «quasi-natürliches» Experiment, um nicht nur auf aggregierter, sondern auch auf sektoraler Ebene die Wirkung von Wechselkursschocks zu untersuchen, indem das geschätzte kontrafaktische Szenario mit den tatsächlichen Beobachtungsdaten verglichen wird. In der Untersuchung wird auch die Variation der Ergebnisse bezüglich Sektoren sowie Messeinheit (Güterexporte in Franken, Euro oder real) evaluiert und mit branchenspezifischen Charakteristiken der verschieden Industriebranchen erklärt. Die Schätzungen zeigen einen unmittelbaren positiven Effekt des Wechselkursschocks auf die totalen nominalen Exporte gemessen in Euro (durch die Währungsumrechnung) und einen insgesamt negativen Effekt auf die nominalen Exporte in Franken, jedoch keinen signifikanten Effekt auf die realen Exportmengen. Dies deutet darauf hin, dass sowohl die Güternachfrage- als auch die Güterangebotsseite an der Übertragung des Schocks beteiligt sind, und lässt auf eine gesamthaft hohe Widerstandsfähigkeit der Schweizer Exportindustrie schliessen. Auf sektoraler Ebene sind jedoch ausgeprägte Unterschiede in der Reaktion auf den Schock identifizierbar. Die Unterschiede in der sektoralen Anpassung können mit branchenspezifischen Merkmalen in Verbindung gebracht werden. Grössere Gewinnmargen beispielsweise ermöglichen Preissenkungen in Landeswährung, um einen Anstieg der Produktpreise in Fremdwährung infolge der Aufwertung zu verhindern. So führt etwa ein grösserer Handlungsspielraum für Angebotsanpassungen im Chemie- und Pharmasektor dazu, dass ein Wechselkursschock in diesem Sektor weniger nachteilig ist. Demgegenüber hat die Maschinenbauindustrie diesen Spielraum typischerweise nicht. In dem Masse, in dem die Geldpolitik den Wechselkurs beeinflusst, hängen deren reale Auswirkungen also von der sektoralen Zusammensetzung der Exportindustrie ab. Die Wirtschaftspolitik sollte bei der Kalibrierung von geld- und fiskalpolitischen Stützungsmassnahmen diese sektoralen Heterogenitäten berücksichtigen, ebenso wie ausgeprägte regionale Unterschiede in der Betroffenheit als Folge der Branchenausrichtung – wie beispielsweise im Fall des Schweizer Chemie- und Pharmasektors, der von grossen Unternehmen dominiert wird, welche sich hauptsächlich auf den Grossraum Basel konzentrieren. Aus der Untersuchung der Wechselkursbetroffenheit der Exporte der schweizerischen Industriebranchen lassen sich auch Rückschlüsse für die Betroffenheit der liechtensteinischen Exportwirtschaft ziehen. Etwa weil Liechtenstein im Gegensatz zu Schweiz keinen grossen Pharmasektor besitzt, dafür viel stärker auf Metall- und Maschinenbau ausgerichtet ist.