Kulturgeschichte

Die Kulturgeschichte entstand im 19. Jahrhundert als Gegenposition zum Primat der politischen Geschichte: Nicht der Staat und seine Entwicklung wurden als Grundprinzipien der Geschichte betrachtet, sondern die «Kultur», verstanden als die Ausdrucksformen des «geistigen und sittlichen Lebens» (Jacob Burckhardt). Damit gerieten etwa Sprache und Mentalität, Brauchtum und Geselligkeit, Religion und Kunst, Technik und Wissenschaft in den Blick des historischen Interesses.

Verbunden mit der Kritik an der dominierenden Sozialgeschichte, die als zu strukturgeschichtlich, zu sehr auf das Ökonomische ausgerichtet und zu eurozentrisch wahrgenommen wurde, erlangte seit den 1990er Jahren eine Neue Kulturgeschichte wachsende Bedeutung. Im Gegensatz zu ihrer älteren Vorläuferin macht sie nicht ausgewählte Bereiche menschlicher Kultur zum Gegenstand ihrer Analyse, sondern versteht sich als eine besondere Art der Perspektivierung historischer Forschung. Kultur wird dabei als Rahmen begriffen, in dem historische Akteure und Akteurinnen der Welt Bedeutungen verliehen, Strukturen und Ereignisse für sich begreifbar und beschreibbar machten. Damit können grundsätzlich alle Bereiche des Lebens und der Geschichte als Kulturgeschichte thematisiert werden («Kulturgeschichte der Politik», usw.). In dieser Ausrichtung ist die Kulturgeschichte zum einen mit verschiedenen bestehenden Teilbereichen der Geschichtswissenschaft in Beziehung getreten und hat diese erweitert, insbesondere mit der Sozialgeschichte. Zum anderen hat sie sich auch als eigenständiges geschichtswissenschaftliches Feld etabliert.

Am Liechtenstein-Institut fliessen kulturgeschichtliche Fragestellungen in Untersuchungen verschiedener Forschungsfelder ein. Andere Arbeiten und Projekte sind zentral im Bereich der Kulturgeschichte angesiedelt. Das gilt etwa für Forschungsarbeiten zur Mentalitätsgeschichte oder zu nationaler Identität.