Kündigung des Zollvertrags mit Österreich-Ungarn

05.08.2019 - Ein Blick zurück
Am 2. August 1919 beschloss der liechtensteinische Landtag, den 1852 mit dem Kaisertum Österreich geschlossenen Zollvertrag aufzukündigen. Dies legte den Grundstein für die politische Neuorientierung Liechtensteins hin zur Schweiz, welche das 20. Jahrhundert prägte.

Ausgelöst wurde diese Entscheidung durch die fatalen wirtschaftlichen Auswirkungen des Ersten Weltkriegs, die man durch die enge Bindung an Österreich-Ungarn auch in Liechtenstein zu spüren bekam. Arbeitslosigkeit, ein Mangel an Lebensmitteln und Rohstoffen, höhere Steuerabgaben und der Zusammenbruch der Kronenwährung waren eine schwere Belastung für die Bevölkerung.

Im Land herrschten zwei Auffassungen vor, wie eine wirtschaftliche Neugestaltung aussehen sollte. Vor allem im Unterland strebte man ein weiteres Zusammengehen mit der Republik Österreich auf neuer Basis an. Die Christlich-soziale Volkspartei (VP) unter Wilhelm Beck und eine Mehrheit der Oberländer wollten hingegen eine wirtschaftliche Umorientierung zur Schweiz erreichen. Letztere setzten sich in der politischen Auseinandersetzung durch, auch weil das arg gebeutelte (Rest-)Österreich wohl nicht in der Lage gewesen wäre, die in Liechtenstein bestehenden Erwartungen zu erfüllen.
Liechtenstein wollte mit Deutsch-Österreich dennoch gute Beziehungen aufrechterhalten. Dies zeigt die wiederholte Betonung des Landtags, dass der Auflösungsbeschluss nicht als „unfreundlicher Akt“ aufgefasst werden solle. Entsprechend wurden 1920 und 1921 nochmals ein Post- und ein Handelsabkommen mit Österreich abgeschlossen, während sich die Zollanschlussverhandlungen mit der Schweiz wesentlich langwieriger gestalteten und erst am 29. März 1923 in den Abschluss eines Zollanschlussvertrags mündeten.

Bildlegende: Zum Schutz der Grenzen zur Schweiz und zu Österreich stellte Liechtenstein 1919 eine eigene Grenzwache auf (und nicht schon 1917, wie auf dem Foto steht). Die Grenzwächter trugen zur Erkennung eine blaurote Armbinde und später eine Dienstmütze. (Bildarchiv LLM). 

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