Geschlechtergleichheit, Care-Arbeit und Familienpolitik

18.02.2018 - Neue Publikation
Vor Kurzem ist in der Online-Zeitschrift „Jusletter“ ein Beitrag von Patricia Schiess zum liechtensteinischen Gleichstellungsartikel erschienen. Der Beitrag stellt die Entstehung des Gleichstellungsartikels 1992 und seine Auswirkungen auf Rechtsprechung und Gesetzgebung dar. Des Weiteren werden die UNO-Frauenrechtskonvention (CEDAW) und die Vorgaben des EWR-Rechts zur Gleichbehandlung der Geschlechter analysiert.

Wie die Autorin aufzeigt, wurde beim Erlass des Gleichstellungsartikels und des Gleichstellungsgesetzes über die Integration der Frauen in die Arbeitswelt sowie über ihre Teilhabe in Politik, Kultur und Sport diskutiert. Es wurde jedoch nicht erörtert, wie die unbezahlte Arbeit (Hausarbeit, Betreuung von Kindern, Kranken und Betagten, Engagement in Vereinen und Nachbarschaft) gerecht zwischen Frauen und Männern aufgeteilt werden kann. Wer diese Aufgaben in Zukunft übernimmt, harrt einer Antwort. Die Auseinandersetzungen über die Kita-Finanzierung zeigen, dass die Gleichstellung als Prinzip zwar anerkannt ist, die verschiedenen Familienmodelle jedoch noch immer eine grosse Herausforderung für den Gesetzgeber darstellen.

Im zweiten Teil des Aufsatzes wirft Patricia Schiess einen kritischen Blick auf die aktuelle Diskussion über die familienergänzende Kinderbetreuung und auf die Vorstösse, mit denen diejenigen Frauen (und wenigen Männer), die „Familie als Beruf“ gewählt haben, besser abgesichert werden sollen. Sie zeigt auf, dass der Gleichstellungsartikel der Förderung traditioneller Familien nicht entgegen steht, solange Hausmänner und Hausfrauen gleich behandelt werden. Sie gibt jedoch zu bedenken, dass auch der allgemeine Gleichheitssatz von Art. 31 Abs. 1 LV zu beachten ist: Eltern, welche die Erwerbs-, Betreuungs- und Hausarbeit aufteilen, dürfen gegenüber den Eltern, die dem Modell „Vollzeit berufstätiger Ehemann – nicht erwerbstätige Ehefrau“ folgen, nicht benachteiligt werden.

Vergleichende Daten zur Schweiz, eine Übersicht über sämtliche veröffentlichten liechtensteinischen Urteile, die Bezug auf Art. 31 Abs. 2 LV oder die völkerrechtlichen Grundlagen für die Gleichstellung der Geschlechter nehmen, sowie Hinweise auf die relevanten Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und des Schweizerischen Bundesgerichts runden den Aufsatz ab.

Ihre Analyse zum Gleichstellungsartikel erschien am 5. Februar 2018 im „Jusletter“. Der „Jusletter“ besteht seit dem Jahr 2000 und ist heute die meistgelesene juristische Online-Zeitschrift der Schweiz. Sie wird von der Weblaw AG in Bern herausgegeben.