Abstract
Das historisch gewachsene Regierungssystem Liechtensteins weist vielerlei Parallelen zu Regierungssystemen anderer Staaten auf, hat aber auch weltweit einzigartige Elemente. Die Regierung Liechtensteins ist eine Kollegialregierung, in welcher alle fünf Mitglieder gleichberechtigt sind. Besondere Kompetenzen sind indessen dem Regierungschef gegeben, den – gemäß einer informellen, nicht-verfassungsrechtlich vorgegebenen Regel – stets die mandatsstärkste Partei stellt. Die Regierung ist sodann zwei Organen gegenüber verantwortlich und kann von diesen abgesetzt werden – dem Fürsten und dem Landtag. Weltweit einzigartig ist das Stellvertreter-Prinzip, wonach jedes Regierungsmitglied eine:n Stellvertreter:in hat, die vom Landtag gewählt und vom Landesfürsten ernannt werden. Die Regierungszusammensetzung wird von der Verfassung nicht geregelt – mit Ausnahme der Bestimmung, wonach beide Landesregionen mit mindestens zwei Mitgliedern in der Regierung vertreten sein müssen. Die personelle Auswahl der Regierungsmitglieder ist de facto eine Angelegenheit der beiden Großparteien, die vor den Landtagswahlen jeweils mit einem designierten Regierungsteam antreten. Trotz häufiger Machtwechsel zeichnet sich das Regierungssystem durch eine sehr hohe Stabilität aus. Denn mit Ausnahme zweier Mandatsperioden (1997–2001 und 2001–2005) regierte stets eine große Koalition von VU und FBP.
Keywords: Liechtenstein, Regierung, Vollziehende Gewalt, Ministerium, Gewaltenteilung
doi.org/10.5771/9783845299006-289
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