„Des Ersten Tod, des Zweiten Not, des Dritten Brot“ – Migration in Mitteleuropa in der Frühen Neuzeit

Datum:
21. Mai 2019, 18:30 - 20:00
Ort:
Liechtenstein-Institut
St. Luziweg 2
Auf dem Kirchhügel
LI 9487 Gamprin-Bendern

In der historischen Migrationsforschung wird betont, dass die traditionelle Vorstellung von der Immobilität der vormodernen Gesellschaft nicht zutrifft. Vielmehr muss von hoher Mobilität innerhalb der Altständischen Gesellschaft ausgegangen werden – einer sozialen und einer räumlich-geographischen. Die Neigung, den Heimatort oder gar das Heimatland zu verlassen, war stärker verbreitet als bisher angenommen. Bei aller Lückenhaftigkeit der zur Verfügung stehenden Quellen des „Vorstatistischen Zeitalters“ zeigen vorsichtige Schätzungen, dass ein Drittel oder gar die Hälfte der deutschsprachigen Bevölkerung im 18. Jahrhundert mindestens einmal im Leben den Wohnort gewechselt hat. Dennoch nahmen sich – verglichen mit den Massenwanderungen des 19. und 20. Jahrhunderts – freilich selbst die großen Migrationsbewegungen des Vorindustriellen Zeitalters quantitativ marginal aus. Aus der immensen Spannbreite frühneuzeitlicher Wanderungsformen von und nach Deutschland sollen exemplarische Ausschnitte präsentiert werden.
 

Es gibt eine Vielzahl von Modellen zur Typologisierung des historischen Wanderungsgeschehens. Zur Vereinfachung sollen im Vortrag drei Haupttypen frühneuzeitlicher Migrationen überblicksartig dargestellt werden: 

1. markt- und lebensweltbedingte Migration (u.a. Heiratswanderungen, Kriegsflüchtlinge, dauerhafte oder saisonale Arbeitsmigranten),
2. erzwungene und unfreiwillige Emigration (u.a. religiös bedingte Zwangswanderungen, etwa der Juden, Hugenotten, Salzburger und Herrnhuter),
3. geförderte und gelenkte Immigration (u.a. Binnenkolonisationsmaßnahmen in Preußen, Rußland und an der habsburgischen Militärgrenze in Ungarn und Siebenbürgen, Neubürger bei Stadterweiterungen und Stadtgründungen, Amerika-Auswanderung).

 

Referent

Prof. Dr. Matthias Asche, Professor für Allgemeine Geschichte der Frühen Neuzeit, Universität Potsdam