Geschichtskultur ist von Jörn Rüsen einflussreich als die «praktisch wirksame Artikulation von Geschichtsbewusstsein im Leben einer Gesellschaft» definiert worden. Sie stellt damit gleichsam die nach aussen, in die Öffentlichkeit gekehrte Seite des individuellen Geschichtsbewusstseins dar. Geschichtskultur umfasst somit allen deutenden Umgang mit Vergangenheit in gesellschaftlichen Zusammenhängen. Das reicht von der wissenschaftlichen Beschäftigung mit der Geschichte über deren politische Verwendung zur Legitimation, zur Identitätsbildung oder zur Kritik oder über den Einsatz von Geschichte zur Bildung und Erziehung bis zur Geschichte als Gegenstand von Unterhaltung und kommerzieller Nutzung. In Werken der Geschichtsschreibung manifestiert sich Geschichtskultur damit ebenso wie in Schulbüchern, Denkmälern, Ausstellungen, Reenactments oder Filmen.
Eng und auf vielfältige Weise verbunden ist die Geschichtskultur demnach mit der Public History. Public History bezeichnet – versucht man eine breite Palette von Definitionsansätzen auf den Punkt zu bringen – Geschichte für die und in der Öffentlichkeit. Dies schliesst das Feld der Vermittlung historischen Wissens von der wissenschaftlichen Forschung für ein breites Publikum ein, umfasst aber auch die Herstellung solchen Wissens in den Schnittstellen von Geschichtswissenschaft und nicht akademischer Auseinandersetzung mit der Vergangenheit oder gänzlich ausserhalb wissenschaftlicher Institutionen und Publikationen. Und Public History ist sinnvollerweise auch als Bereich der Analyse der Rolle von Geschichte in der Gesellschaft zu verstehen und lässt sich so auch als Schirm begreifen, unter dem die Beschäftigung mit Themen wie Geschichts- und Erinnerungskultur, Geschichtspolitik oder Vergangenheitsaufarbeitung stattfindet.