Referentin
Claudia Heeb-Fleck, lic. phil., Historikerin, Schaan
Zum Vortrag
„Isch es an Buab oder a Matle?“ Bis heute ist dies eine der ersten und häufigsten Fragen, die Eltern nach der Geburt eines Kindes gestellt werden. Sie weist darauf hin, dass das Geschlecht für den Verlauf und die Gestaltungsmöglichkeiten eines Lebens nach wie vor von grosser Bedeutung ist. Die Unterschiede zwischen Frauen und Männern erklären sich aber weniger aufgrund des biologischen Geschlechts, sondern vielmehr aufgrund des sozialen Geschlechts (Englisch: gender). Wie Frauen und Männer ihr Geschlecht verkörpern und was als natürliches und normales Verhalten für Frauen und Männer gilt, ist abhängig von den jeweiligen gesellschaftlichen Vorstellungen. Das soziale Geschlecht ist primär das Ergebnis von gesellschaftlichen Zuschreibungen und Erwartungen, die durch Erziehung, Medien, Rollenbilder und Normen vermittelt werden. Es ist darum keine naturgegebene Konstante, sondern wandelt sich je nach gesellschaftlichem und historischem Kontext.
Wie wurden die Geschlechterrollen in Liechtenstein definiert? Wie hat sich das Geschlechterverhältnis zwischen Mann und Frau im Laufe der letzten zwei- bis dreihundert Jahre in Liechtenstein verändert und wie hat sich dieser Wandel in Familie und Arbeitswelt ausgewirkt? Wann kam es zu entscheidenden Brüchen und Veränderungen? Zwischen Patriarchat und Gleichberechtigung der Geschlechter – Wo stehen wir heute, wo liegen die zentralen Herausforderungen? Anhand dieser Fragen beleuchtet der Vortrag die Geschichte des Geschlechterverhältnisses von Mann und Frau in Liechtenstein.
Zur Vortragsreihe
«Wir machen uns mit den Erfahrungen von gestern gemeinsam auf den Weg in die Zukunft». Dieser Leitgedanke zieht sich durch das offizielle Programm des Jubiläums «300 Jahre Fürstentum Liechtenstein». Die Verknüpfung des Gestern mit dem Heute und dem Morgen nimmt das Liechtenstein-Institut zum Anlass für eine vertiefte Reflexion über das Land und seine Menschen: In einer Serie von zehn Vorträgen werden verschiedene für Liechtenstein gesellschaftlich relevante Fragestellungen diskutiert, wobei Erfolge und Misserfolge, Kontinuitäten und Brüche, erfreuliche und problematische Entwicklungen der liechtensteinischen Geschichte und Gegenwart gleichermassen interessieren.
„Rollenbilder sind stark mit sozialer Ungleichheit verbunden“. Interview von Daniela Fritz mit Claudia Heeb-Fleck. Liechtensteiner Volksblatt, 5. April 2019