Abstract
Fördert die direkte Demokratie populistische Haltungen oder eine populistische Politik? Das Beispiel Liechtenstein mit seiner stark ausgeprägten Direktdemokratie spricht eher gegen diese These. Klassische Gegenstände populistischer Parteien – zum Beispiel Europäische Integration oder Migration – kommen dort selten zur Abstimmung. Volksinitiativen werden an der Urne zudem häufiger abgelehnt, als sie Erfolg haben: Überdies ist die Liechtensteiner Direktdemokratie ist in einem rechtlichen Rahmen eingebettet, welcher eine systematische, nicht EMRK-konforme Benachteiligung von Minderheiten on vornherein verunmöglicht.
Die Vorstellung abgehobener Eliten ist in einem Land, in welchem man dem Regierungschef durchaus beim Einkauf im Supermarkt begegnen kann, unrealistisch. Generell wirkt die Kleinräumigkeit Liechtensteins gegenüber dem Populismus hemmend.
In Abstimmungskämpfen bleiben Bezüge auf monistische Vorstellungen jedoch nicht völlig aus. Bestimmte populistische Tropen finden auch Liechtenstein eine gewisse Verbreitung. Auffallend ist indessen, dass bei den Parlamentswahlen solche Tropen meist völlig ausbleiben. Offenbar gibt es in Liechtenstein einen «Populismus-Trade-off» zwischen Wahlen und Abstimmungen. In Abstimmungskämpfen werden Bezüge zu populistischen Vorstellungen gemacht, die in Wahlkämpfen weitestgehend ausbleiben. Die Abstimmungen dienen somit mitunter als Ventil für populistische Haltungen.