Referent
Paul Vogt, lic. phil., Historiker, ehemaliger Landesarchivar, Balzers
Zum Vortrag
Das Verhältnis von Armut und Reichtum ist schon in der Bibel ein zentrales Thema: Jesus lehrte, dass die Reichen ihren Besitz verkaufen und den Erlös an die Armen verteilen sollten, denn eher würde ein Kamel durch ein Nadelöhr gehen als ein Reicher in den Himmel kommen. Seit der Reformation herrscht die Meinung vor, dass jeder seines Glückes Schmied ist. Mit fleissigem Arbeiten und Sparen kann und soll sich jeder selber helfen.
Arm ist, wer weniger hat, als er zur Sicherung seiner Existenz braucht. Das Verständnis, was lebensnotwendig ist, unterliegt aber einem ständigen Wandel, ist abhängig von dem, was andere haben. Früher lag die Fürsorgepflicht für Arme und Kranke vornehmlich bei der Familie (und in geringem Mass bei den Gemeinden), heute hat der Staat viele Verpflichtungen übernommen. Gibt es in Liechtenstein keine Armut mehr? Offensichtliche Armut gibt es nach offizieller Meinung nicht, die Statistiken aber zeigen, dass auch in Liechtenstein bei der Vermögensverteilung die Ungleichheit stark zugenommen hat.
Zur Vortragsreihe
«Wir machen uns mit den Erfahrungen von gestern gemeinsam auf den Weg in die Zukunft». Dieser Leitgedanke zieht sich durch das offizielle Programm des Jubiläums «300 Jahre Fürstentum Liechtenstein». Die Verknüpfung des Gestern mit dem Heute und dem Morgen nimmt das Liechtenstein-Institut zum Anlass für eine vertiefte Reflexion über das Land und seine Menschen: In einer Serie von zehn Vorträgen werden verschiedene für Liechtenstein gesellschaftlich relevante Fragestellungen diskutiert, wobei Erfolge und Misserfolge, Kontinuitäten und Brüche, erfreuliche und problematische Entwicklungen der liechtensteinischen Geschichte und Gegenwart gleichermassen interessieren.
Armut: Von der Tugend zur Strafe. Berichterstattung von Julia Kaufmann. Liechtensteiner Vaterland, 21. März 2019.