Jahrestagung der Royal Economic Society

14 Apr 2022 - Mitteilung
Vom 11. bis 13. April 2022 fand die Jahrestagung der britischen Royal Economic Society statt. Im Rahmen der virtuellen Konferenz wurden zwei Projekte von Martin Geiger vorgestellt, die unterschiedliche Aspekte von Geldpolitik beleuchten.

Monetary Policy Announcements, Consumers’ Inflation Expectations and Consumption Plans
Entsprechend makroökonomischer Theorie spielen Erwartungen für die Effektivität geldpolitischer Stabilisierungspolitik eine substanzielle Rolle. Besonders im Kontext des Niedrigzinsumfelds haben Notenbanken zunehmend versucht, Einfluss auf makroökonomische Erwartungen zu nehmen, da die Zinspolitik durch die effektive Nullzinsschranke eingeschränkt gewesen ist. Empirisch gibt es aber kaum Belege für den Einfluss geldpolitischer Instrumente auf Erwartungen.

Im vorgestellten Projekt wird untersucht, ob und in welchem Ausmass Geldpolitik den Privatkonsum durch die Steuerung von Inflationserwartungen stimulieren kann. Aus theoretischer Sicht sollte ein durch Geldpolitik induzierter Anstieg der Inflationserwartungen zu höherem Konsum führen. Höhere zukünftige Preise machen gegenwärtigen Konsum relativ gesehen günstiger, weshalb Konsumenten geplante Ausgaben vorziehen sollten. In der durchgeführten empirischen Analyse erweist sich dieser Mechanismus allerdings als nicht stark ausgeprägt, besonders in der Zeit des Niedrigzinsumfelds.

The Chronology of Brexit News Shocks and the UK Monetary Policy
In der makroökonomischen Literatur werden die Effekte des Brexit meist mit den unmittelbaren Konsequenzen des Referendums zur EU-Mitgliedschaft quantifiziert. Diese Sicht wird jedoch nicht der Tatsache gerecht, dass die Hürden und politischen Verwerfungen im Nachgang des Referendums zusätzliche, negative Effekte nach sich zogen.

Unter der Prämisse, dass der Brexit einen Prozess ökonomischer Desintegration darstellt, der nicht nur durch ein singuläres Ereignis abgebildet werden kann, wird ein Instrument für sogenannte Brexit-Schocks konstruiert. Relevante Brexit-bezogene Ereignisse werden mittles einer zeitlichen Aufstellung des House of Commons (Verhandlungen mit der EU, politische Statements, parlamentarische Debatten etc.) identifiziert und deren Auswirkungen unter Berücksichtigung hochfrequenter Daten quantifiziert.

Um die Effekte auf die britische Wirtschaft zu evaluieren, wird dieses Instrument in einem empirischen, makroökonomischen Modell der britischen Wirtschaft ausgewertet. Entsprechend des Modells können substanzielle, negative Effekte des Brexit auf das britische Bruttoinlandsprodukt lange nach dem Referendum, besonders 2018, festgestellt werden. Eine weitere wesentliche Erkenntnis aus der Studie ist, dass die expansive britische Geldpolitik einen grossen Anteil hatte, die Effekte des Brexit abzufedern, besonders in den Jahren 2016 und 2018.

Über die Jahrestagung der Royal Economic Society
Neben weiteren Themen standen dieses Jahr Diskussionen rund um die wirtschaftlichen Effekte des russischen Angriffs auf die Ukraine und die europäische Abhängigkeit von russischem Öl und Gas im Mittelpunkt. Bei ökonometrischen Beiträgen lag dieses Jahr der Fokus auf Fortschritten bei zeitreihenanalytischen Methoden, die im Zusammenhang mit der Covid-19-Rezession aufgetretene Schätzprobleme adressieren. Beispielsweise machte der abrupte Wirtschaftseinbruch 2020 die Wichtigkeit hochfrequenter Daten evident, welche methodische Herausforderungen mit sich bringen.