Referent
Cornelius Goop, Universität Wien / Liechtenstein-Institut
Zum Vortrag
Der Abschluss des Zollanschlussvertrages zwischen Liechtenstein und der Schweiz im Jahr 1923 wird zu Recht als einschneidender Wendepunkt in der liechtensteinischen Geschichte gesehen. Die Umorientierung von Österreich zur Schweiz war aber nicht nur wirtschaftlicher und (aussen-)politischer Natur, sondern betraf auch das kollektive Selbstbild der liechtensteinischen Bevölkerung. Im Vortrag werden deshalb die mentalen und damit zusammenhängenden kulturgeschichtlichen Aspekte dieses historischen Ereignisses beleuchtet. Gerade in politischen Umbruchphasen treten Fragen zur eigenstaatlichen bzw. nationalen Identität an die Oberfläche. So wurden in ganz Europa in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg die „mentalen Karten“ in den Köpfen der Menschen neu geordnet.
In der Zeit rund um den Abschluss des Zollanschlussvertrags mit der Schweiz traten solche Fragen in Liechtenstein besonders in redaktionellen und eingesandten Beiträgen in den Zeitungen hervor. Damit verbunden war auch eine Debatte um die liechtensteinische Geschichte und darüber, wie die historische Verbindung nach Osten oder Westen zu bewerten sei. Besonders klar lässt sich die mentale Umorientierung ausserdem an den Veränderungen der Inhalte der Lesebücher zeigen, die an liechtensteinischen Schulen verwendet, aber auch häufig zuhause gelesen wurden. In den folgenden Jahrzehnten traten Identitätsfragen zum Verhältnis zur Schweiz immer wieder auf, wie an einigen Beispielen gezeigt wird.
Zur Vortragsreihe
Am 29. März 1923 wurde der Vertrag zwischen der Schweiz und Liechtenstein über den Anschluss des Fürstentums Liechtenstein an das schweizerische Zollgebiet unterzeichnet. Der Vertrag bildet noch heute das Herzstück der äusserst engen und guten Beziehungen zwischen den beiden Staaten und hat wesentlich zur positiven wirtschaftlichen Entwicklung Liechtensteins in den vergangenen 100 Jahren beigetragen. Aus Anlass des 100-Jahr-Jubiläums der Unterzeichnung des Zollanschlussvertrags veranstalten das Liechtenstein-Institut und der Historische Verein für das Fürstentum Liechtenstein eine vierteilige Vortragsreihe.
Eine Vortragsreihe in Kooperation mit dem Historischen Verein für das Fürstentum Liechtenstein