Liechtenstein schuf 1921 den Staatsgerichtshof (StGH) als Verfassungsgericht. Er prüft Gesetze auf ihre Verfassungsmässigkeit. Seit der Verfassungsrevision von 2003 obliegt ihm auch die Prüfung der Verfassungsmässigkeit von Staatsverträgen. Diese neue Kompetenz des StGH änderte das Verhältnis vom Völker- zum Landesrecht. Bis 2003 gingen nämlich der StGH und die Literatur davon aus, dass das EWR-Recht über der Verfassung steht und der EMRK Verfassungsrang zukommt. Die Autorin analysiert das Verhältnis zwischen Landesrecht und Völkerrecht und kann aufzeigen, dass die EMRK in Liechtenstein auch heute im Verfassungsrang steht.
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Dieser Text wurde bereits online veröffentlicht in: Jusletter 4. Februar 2019. Die Version in „Beiträge Liechtenstein-Institut“ enthält zusätzlich einen Anhang mit den einschlägigen Verfassungs- und Gesetzesbestimmungen. Ebenso den Bericht der Regierung vom 17. November 1981 über die Anwendbarkeit des Völkerrechts im Fürstentum Liechtenstein.
Verhältnis des Völkerrechts zum Landesrecht; Rang des Völkerrechts; Stufenbau der Rechtsordnung; EMRK; EWRA; Verfassungsgerichtsbarkeit; Vorprüfung von Volksinitiativen; Verfassungsgebung; Staatsvertragsreferendum; Harmonisierende Auslegung; Rechtsvergleichung
Liechtenstein created the State Court in 1921 as a constitutional court. It examines the constitutionality of laws. Since the constitutional revision of 2003, it has also been responsible for examining the constitutionality of international treaties. This new competence of the Constitutional Court changed the relationship between international law and national law. Until 2003, the Constitutional Court and the literature assumed that EEA law was superior to the Constitution and that the ECHR had constitutional status. The author analyses the relationship between national law and international law and can show that the ECHR in Liechtenstein still has constitutional status today.
Keywords
Relationship between international law and national law; international treaty; hierarchy of the legal system; human rights; ECHR; EEA Agreement; constitutional jurisdiction; judicial control of popular initiatives; lawmaking, constitutional process; request of referendum against an international treaty; harmonising interpretation; comparative law